Ein unmöglicher Einsatz wird möglich

Wie 7 Grenzen und 6 weitere Hindernisse überwunden wurden

 

Nichts schien dafür zu sprechen, dass der von langer Hand geplante Einsatz im Nordosten Albaniens möglich sein würde. Folgende Hindernisse stellten sich uns noch wenige Wochen vor dem beabsichtigten Start in den Weg:

  • Sämtliche Grenzen zwischen der Schweiz und Albanien waren geschlossen.

  • Sämtliche Flugverbindungen nach Albanien und nach Kosovo waren stillgelegt.

  • Zahnbehandlungen waren zur Eindämmung der Infektionszahlen verboten.

  • Hotels und Restaurants (für die Unterbringung des Teams sehr wichtig) waren geschlossen.

  • Auf den albanischen Strassen galt ein allgemeines Fahrverbot.

Ungewiss, wie weit wir kommen würden, brachen wir am Mittwoch, 20. Mai 2020 mit einem ersten Fahrzeug Richtung Albanien auf. Gemäss unseren Informationen waren die Grenzen zu Deutschland, Österreich, Slowenien, Kroatien, Montenegro und Albanien geschlossen.

Die ersten beiden Grenzen passierten wir problemlos, verpflichteten uns aber an der österreichischen Grenze, das Land ohne Halt zu durchqueren und wieder zu verlassen.

Die slowenischen Grenzbeamten hielten uns fünf Stunden am Grenzposten auf, um uns schliesslich mit Blaulicht wieder zurück nach Österreich zu bringen. Auch der nächste Versuch am folgenden Morgen fruchtete nicht und endete mit einer zweiten Blaulichtfahrt zurück nach Österreich. “Transit durch Slowenien und Kroatien ist nicht erlaubt.” Etwas ratlos und gestrandet auf einer österreichischen Raststätte überlegten wir uns den nächsten Schritt. Aufgrund eines allgemeinen Feiertags war keine Behörde für eine allfällige Hilfe erreichbar.

Durch eine Angestellte der Tankstelle kamen wir auf die Idee, in Kroatien ein Hotel zu buchen. Damit würden uns die Slowenen nach Kroatien passieren lassen. Eine Stunde später wiesen wir dem slowenischen Grenzbeamten die Hotelbuchung für eine Nacht im Süden von Kroatien vor. “Willkommen in Slowenien, ich wünsche Ihnen eine gute Fahrt!”

Wir schafften es diese Nacht nicht mehr bis zum Hotel und übernachteten ein zweites Mal in Folge auf einer Autobahnraststätte - diesmal in Kroatien. Am nächsten Morgen erhielt ich die Stornierung des Hotels. Der Besitzer sei aufgrund der Corona-Massnahmen noch nicht bereit, Gäste zu empfangen. So setzten wir die Fahr Richtung Montenegro fort.

An der montenegrinischen Grenze schien es kein Durchkommem zu geben. Wir waren nicht das einzige Fahrzeug, das stundenlang wartete. Wohl aber das einzige mit vier kleinen Kindern. Nach einigen Anrufen an die Sekretärin des albanischen Botschafters in der Schweiz erteilte uns die albanische Grenzbehörde eine Einreisegenehmigung. Dies war unser “laissez-passer” durch Montenegro. Nach einer weiteren Nacht im Auto auf dem Parkplatz der Zollbehörden waren wir am vierten Tag unserer Reise in Albanien angelangt. Zwei weitere Teamfahrzeuge folgten uns einige Tage später nach demselben Muster, jedoch ohne die langen Wartezeiten.

Leider konnten zwei befreundete Zahnärzte nicht mit uns anreisen. So behandelte Sarah Steiner, unterstützt durch bereits erfahrene Assistentinnen, alleine.

Der erste Einsatzort hiess Vlahen. Direkt oberhalb einer Moschee stellten wir die Klinik für mehrere Behandlungstage auf. Nebst vielen Patienten waren wir auch stets umgeben von der gesamten Dorfjugend. Die Schulen waren wegen Corona nach wie vor geschlossen und andere Attraktionen waren rar. So verbrachten wir während den Behandlungszeiten gute Momente mit gemeinsamem Fussballspiel, Geschichten erzählen und anderen Aktivitäten.

Die aufgestellte Klinik in Vlahen

Die aufgestellte Klinik in Vlahen

Im zweiten Einsatzort namens Perollaj erschienen weniger Erwachsene, dafür umso mehr Kinder. Hier bauten wir das Programm für die Kinder noch mehr aus, da inzwischen mit einer weiteren sechsköpfigen Familie sehr talentierte Unterstützung aus der Schweiz eingetroffen war. Die Behandlungen gestalteten sich zwar herausfordernd, aber es kam zu keinen grösseren Schwierigkeiten. Die heikelste Aufgabe um den Klinikbetrieb ist wohl diejenige der Patientenregistrierung. Da oft mehr Interessenten als Behandlungsplätze vorhanden sind, muss schon im Eingangszelt eine Triage vorgenommen werden und einigen Personen eine Absage erteilt oder ein Behandlungsplatz für den nächsten Tag angeboten werden.

Unser Team in Perollaj

Unser Team in Perollaj

In der dritten Einsatzwoche verlegten wir nicht nur die Klinik, sondern auch unsere Unterkunft in die Berge nach Kishaj. Das Dorf war so abgelegen, dass wir für die Anfahrt über abschüssige, löchrige und nicht asphaltierte Strassen mehr als eine Stunde benötigten. Dort oben stellten wir unser Lager, bestehend aus folgenden Bestandteilen auf:

  • Mobile Zahnarztklinik

  • Unzählige Zelte für die Teammitglieder

  • Wassertank auf einem Anhänger

  • Koch- und Abwaschstation

  • Heisswasseraufbereitung

  • zwei Toiletten- und ein Duschzelt

  • Gemeinschaftszelt

Während den vier Tagen am Fusse des nahen Pashtriku, ein ca. 2000m hoher Berg, lebten wir so nahe an den einheimischen Bergbewohnern wie nie zuvor. Wir erhielten einen Einblick in die einfache Lebensweise der Hirten, in die Träume der Jugendlichen und hatten schönere oder weniger schöne Begegnungen mit den Pferden, Ziegen, Schafen und Wachhunden dieses Dorfes. Nach drei Behandlungstagen veranstalteten wir ein Dorffest mit albanischer Musik und einigen Snacks. Die fröhliche Gemeinschaft und die herzlichen Dankesworte der Dorfältesten brachte diesen Einsatz zu einem schönen Abschluss.

Gruppenbild nach dem Dorffest in Kishaj

 
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Arbeiten in einem Risikoland

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